30-06-2001
Nach langem und lautstarkem Streit ist es ruhig geworden um die "Jugendanstalt Schleswig". Seit einem Jahr verbüßen nun 73 jugendliche Straftäter auf dem Gelände des ehemaligen Erziehungsheimes hinter der neu gebauten Mauer ihre Jugendstrafe. Mit dieser Mauer und einer auf dem ersten Blick nicht sichtbaren hochmodernen Technik wird dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen. Die Sicherung nach außen schafft aber auch die Voraussetzungen, "drinnen" einen modernen, pädagogischen Jugendvollzug durchzuführen. Denn Jugendstrafe soll in erster Linie vom Erziehungsgedanken bestimmt sein.
Wer einmal die bedrückende, überbelegte alte Jugendanstalt in Neumünster gesehen hat, erlebt die Schleswiger Einrichtung als Meilenstein eines neuen Strafvollzugs. Die Jugendlichen leben in kleinen, überschaubaren Wohngruppen von etwa 10 - 12 Gefangenen. Das bedeutet, dass sie alltägliche Verrichtungen wie in einer Wohngemeinschaft selbständig erledigen (lernen) müssen. Da ist aber auch Raum für sinnvolle Freizeitbeschäftigung; das erleichtert die pädagogische Arbeit erheblich, schafft den Justizvollzugsbediensteten (unter ihnen eine ganze Reihe Erzieher aus dem früheren "Paulihof") Zugang zu den Jugendlichen und beugt Gewalttätigkeiten vor. Vor allem aber bietet der Strafvollzug in Schleswig den oft schwer integrierbaren Jugendlichen die Chance, sich beruflich zu orientieren und ihre Fähigkeiten auszuprobieren.
Ein allgemeines Problem im Strafvollzug sind die fehlenden Arbeitsmöglichkeiten. In der Schleswiger Jugendanstalt ist das kein Thema. In zwei modernen Werkstätten auf dem Anstaltsgelände und in der Küche bietet das Berufsfortbildungswerk (bfw) Beschäftigung und vor allem berufsqualifizierende Maßnahmen an und schafft damit nicht nur die notwendigen Bedingungen für einen sinnvollen Behandlungsvollzug, sondern verbessert für die Jugendlichen auch die Aussichten, nach der Haftentlassung auf dem Arbeitsmarkt einen Einstieg zu finden. Das hilft den Jugendlichen auf ihrem weiteren Lebensweg, aber auch der Gesellschaft insgesamt. Ich bin sicher, dass der Zwangsaufenthalt "hinter der Schleswiger Mauer" für manchen jungen Mann die reelle Chance bedeutet, einen neuen Weg einzuschlagen.
Die Entscheidung für den Bau der Jugendanstalt in Schleswig war richtig, denn hier war die Chance, ein neues Konzept für die Arbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen umzusetzen: mit besonders engagiertem und gut ausgebildetem Personal und unter besonders guten räumlichen Bedingungen. Die Umsetzung des Konzepts ist optimal gelungen. Schade nur, dass es bei der "kleinen Lösung" bleiben musste, weil das Gelände und die Gebäude auf Schubyer Gemeindegebiet nicht zur Verfügung standen.